Beschreibung
Gläserne Fehde ist ein Band, der erneut von dem außerordentlichen Talent der Autorin zeugt, von ihrer einzigartig vielstimmigen Stimme. In ihrem Schreiben bedingen Form und Inhalt einander, bringen einander hervor. Die Dinge verhalten sich dort in gewisser Weise wie bei allem Lebenden, wo beide Wuchsarten und Funktionen nicht voneinander zu trennen sind und zwar auch dann nicht, wenn sie, was durchaus vorkommen kann, (kraftvoll wie sachte) auseinanderzudriften scheinen: stets entfaltet sich ihre Wirkkraft gleich einem aufschießenden Körper oder einer Blüte, die sich auftut, auch wenn es bisweilen Blüten sind, die beim Öffnen vom Wind der Welt sogleich zerrupft werden. Und so entstanden für diesen Band zahlreiche neue Sprachgebilde, Sprachgeflechte und ‑gewächse, bei denen Einfaches und Üppiges, Leichtes und Schweres, Lichtes und Dunkles, Geschmeidiges und Sperriges sowie das durch sie jeweils Ausgesprochene zusammengehen. Ein Werk von (vermeintlicher!) Transparenz, das in Wirklichkeit doch vielmehr einem in Teile(n) gebrochenen, ‚milchigen‘ Glas ähnelt, einem hauchdünnen, leicht knittrigen Papier, auf dem Literatur zum Stehen kommt und das dabei doch nie in Gänze zu durchdringen ist.
Maria –
Die Sprache in diesem Band ist wirklich wunderschön und man wird zum Denken angeregt. Ich schaue immer mal wieder in das Buch und lese die Texte.
Anna Dabrowska –
Der Band „Gläserne Fehde“ von Schirin Nowrousian enthält zahlreiche Gedichte und drei Schwarz-Weiß-Fotos, die die Stimmung der Gedichte hervorheben und widerspiegeln. In der Gedichtsammlung kommt der Mehrsprachigkeit eine wichtige Rolle zu, denn neben dem Deutschen tritt hier u.a. die französische, portugiesische und persische Sprache auf. Dank dieser Vermischung verschiedener Sprachen ist eine kulturelle Durchdringung nicht nur auf der Ebene des Inhalts, sondern auch auf der der Ästhetik möglich. Es werden unterschiedliche stilistische Schichten gebraucht, sodass die Poetik wunderbar zwischen dem Hohen und Niedrigen oszilliert. Die eigenen Gedichte Nowrousians stehen zudem in einer sehr interessanten Wechselwirkung mit zwei Gedichten von Miguel Hernández und Samuel Beckett, die von der Dichterin ins Deutsche übersetzt wurden. Außer der Intertextualität spielt die Intermedialität eine bedeutende Rolle im Band, und zwar nicht nur wegen der bereits erwähnten Fotos, sondern auch aufgrund zahlreicher, subtiler Anspielungen auf Tanz, Musik, weitere literarische Werke und Film. Die Gedichtsammlung regt die Leser u.a. zur Reflexion über Trauer, Angst und Einsamkeit an. Es gibt darin Phrasen, die sich sehr gut ins Gedächtnis einprägen. Manchmal basieren sie auf Sprachspielen, die die Leser zum Nachdenken inspirieren. Ein Beispiel dafür bietet z.B. die Sentenz: „Die Gegenliebe ist genauso Gegner wie die Eigenliebe Eigner ist“. Außerdem zeichnet sich der Gedichtband durch ein großes emotionales Potenzial aus. Die Bilder aus der Naturwelt und das zentrale Motiv von Glas und Widerspiegelung wirken mehrdeutig und verbreiten eine einzigartige Atmosphäre um sich herum. Zusammenfassend empfehle ich herzlichst diesen Band!