Die erste Erscheinung des Jahres war Amir Shaheens Lyrikband Leuchtspuren Restlicht. Gegliedert in drei Gruppen, versammelt Leuchtspuren Restlicht rund sechzig Gedichte, darunter auch erstmals in einem Buch das Gedicht Sediment, für das Shaheen im November 2018 mit dem Preis postpoetry.nrw ausgezeichnet wurde. Lesungen gab Shaheen nicht nur in Bremen sondern auch in seiner Heimatstadt Altena, in Köln und Hürth-Hermülheim.
Unsere zweite Veröffentlichung war ebenfalls Lyrik. Jürg Beelers Die Vögel kehren zurück ist beeinflusst durch die Erfahrung des Fremdseins, der Verlorenheit und des Exils. Die Buchpremiere fand am 13. Juni in der Buchhandlung Leuwer statt.
Auch im Frühjahr erschienen ist der fünfte Band der Reihe Stolpersteine.
Die Publikationsreihe beschäftigt sich mit den Biografien der 652 Bremer NS-Opfer, deren Gedenken seit 2004 durch das Projekt STOLPERSTEINE BREMEN geehrt wird. Nach den vier Bänden zu den Regionen Nord, Mitte sowie Ostertor/Östliche Vorstadt und Schwachhausen, Horn-Lehe erscheinen 2019 die Biografien derer, die Findorff, Walle und Gröpelingen lebten. Die Buchpremiere fand am 28. März 2019 in der Stadtbibliothek West statt.
Außerdem im Frühjahr bei uns erschienen ist der Gedichtband Kurz vor dreißig, …küss mich! von Widad Nabi. Die in Syrien geborene Autorin behandelt in ihren Texten unstillbare Sehnsucht, Verlust, Lust, Schmerz und die Suche nach menschlicher Nähe.
Sie hat in diesem Jahr nicht nur Lesungen auf der Leipziger Buchmesse, in Hamburg und in Köln gegeben, sondern es wurde auch viel über sie berichtet. Neben einem Beitrag bei 3sat Kulturzeit berichteten auch zahlreiche Zeitschriften und Zeitungen über sie, darunter die Vogue.
Im Frühling erschienen außerdem das neue Buch Nachtwind von Inge Buck mit Zeichnungen von Lothar Bührmann und der Gedichtband Gedächtnishunde von Ramy Al-Asheq, der im Oktober bereits in der zweiten Auflage erschienen ist.
Im Frühjahr gab es außerdem in zahlreichen Städten in Deutschland Lesungen und Vorträge mit Mahmood Falaki, Pedro Kadivar, Eberhard Pfleider, Gunther Gerlach, Nahid Keshavarz, Berzan Kejo, Inge Buck, Ramy Al-Asheq, Fariba Vafi und Widad Nabi.
2019 ist bei uns nicht nur der dritte Band der Persisch Lehrbücher von Mahmood Falaki erschienen, sondern auch das Buch Eulen-Hannes von Friederike Schmidt-Landwehr und Mahmood Falaki, das Aphasikern und Deutsch-Lernenden helfen soll, erschienen.
Im Sommer sind bei uns die beiden Bücher Der Alte vom Berge von Habib Tengour in der Übersetzung von Regina Keil-Sagawe und Die ersten Tage der Welt von Salem Khalfani erschienen.
Tengour gilt als „eine der kraftvollsten und phantasievollsten dichterischen Stimmen des postkolonialen frankophonen Maghreb” (Pierre Joris). In Der Alte vom Berge, an dem er von 1977–1981 schrieb, spürt er dem religiösen Totalitarismus nach, fragt nach der Verantwortung des Intellektuellen gegenüber Krieg, Korruption und ideologischer Verhärtung, der Eignung von Religion, Wissenschaft, Politik als gangbaren Wegen zur „Wahrheit”.
Khalfani setzt sich in seinem Roman philosophisch mit seiner Heimat dem iran aus einander. Retrospektiv berichtet der Protagonist, wie er einst als Schüler der vierten Klasse seine erste Liebe in der Lehrerin Leili gefunden hat. Er kann seine erste Liebe nicht vergessen. An die Adresse ihres Wohnhauses in Teheran schreibt er mehrmals (Liebes)Briefe, ohne dass er eine Antwort bekommt.
Auch etwas für die jungen Leser gab es im Sommer 2019: Der zweite Teil der Jugend-Reihe Ella und Max von Monika Dietrich-Lüders erschien bei uns. Die Buchpremiere fand in der Buchhandlung Leuwer statt.
Außerdem besuchte Dietrich-Lüders zahlreiche Schulen und Bibliotheken, um für Kinder und Jugendliche zu lesen.
Im Sommer fanden außerdem Lesungen mit Habib Tengour, Amir Shaheen, Inge Buck, Nahid Keshavarz, Widad Nabi und Ramy Al-Asheq in zahlreichen Städten statt.
Im August 2019 verstarb der Bremer Künstler Lothar Bührmann, mit dem wir lange zusammengearbeitet haben und der uns auch ein Freund war. Um ihn und sein Andenken zu ehren, haben wir eine Sonderedition mit den von ihm illustrierten Gedichten herausgebracht.
„Lothar war ein Lyrikbegeisterer. Einer, für den Texte Mittelpunkt seiner Kreativität und seines künstlerischen Schaffens waren, und auch die Sprache, besonders die poetische Sprache, war eine Basis für seine Cartoons. Ein Künstler, der nicht lange redete, sondern zeichnete voller Begeisterung, und ein großes Herz hatte für die Sprache und schriftliche Bilder. Die Bilder in seinen Cartoons waren Signaturen und Begleiter der Buchseiten, waren Einverständnis für das, was in dem Buch geschah. Und sie setzten sich harmonisch fort durch das Buch in minimalistischer Form, wie die Gedichte selbst. Die Gedichte und die Bilder kann man nicht auseinander nehmen, sie sind einheitlich in einzigartiger Zusammenstellung, es sind zweifache Bilder: im Text und in den Cartoons.“
Madjid Mohit
Im Dezember veranstalteten wir außerdem eine Lesung mit Inge Buck, Rudolph Bauer, Cornelius Kopffinke und Madjid Mohit, um von Lothar Abschied zu nehmen.
Im Herbst 2019 haben wir die Gedichtbände Ganymedische Einsichten oder Das letzte Bild und Das Licht am Ende des Tunnels von Bernd Jaeger neu aufgelegt.
Auch eine Lesung fand am 10. Oktober mit Bernd Jaeger in der Buchhandlung Leuwer in Bremen statt.
Unser größtes Projekt 2019 war wohl der Roman Madonnas letzter Traum von Doğan Akhanlı in der Übersetzung von Recai Hallaç.
Doğan Akhanlı greift in Madonnas letzter Traum die Novelle Madonna im Pelzmantel des türkischen Dichters Sabahattin Ali auf und schreibt sie neu. Akhanlı macht Ali selbst zur Romanfigur. Auf seinem Weg ins Exil wird er 1948 von Angehörigen des türkischen Geheimdienstes getötet. Unmittelbar vor seinem Ableben gesteht er, Maria Puder sei in Wirklichkeit anders gestorben als in seiner Novelle. Madonnas letzter Traum ist der Versuch, die wahre Geschichte des Lebens und Todes von Maria Puder in der NS-Zeit zu entdecken.
Der Roman gehört zu einigen der wichtigsten Veröffentlichungen der Türkei und auch die von uns verlegte deutsche Übersetzung wurde mehrfach ausgezeichnet. Doğan Akhanlı hat nicht nur die Goethe-Madaille gewonnen sein Roman kam auch auf den sechsten Platz der Litprom-Bestenliste 2019.
Doğan Akhanlı hat 2019 nicht nur in Bremen, Göttingen, Berlin, Köln, Hamburg, Stuttgart, Nürnberg und München, sondern auch auf der Frankfurter Buchmesse gelesen. Auch über ihn wurde fleißig berichtet, unter anderem beim WDR, der Süddeutschen und Radio Bremen.
Lyrik aus dem Iran ist einer unserer Programmschwerpunkte und 2019 konnten wir diesen weiter ausbauen. Im Oktober veröffentlichten wir die Anthologie Halt aus in der Nacht bis zum Wein von Kurt Scharf.
Kurt Scharf stellt in dieser Neuerscheinung mit dem Untertitel Eine Auswahl der schönsten persischen Gedichte des 20. Jahrhunderts Lyrik aus den Jahren 1941 bis 1979 zusammen, eine Epoche die er selbst als Goldenes Zeitalter der persischen Lyrik bezeichnet.
In diesem Jahr gab es eine kleine Version der Veranstaltungsreihe, die 2018 ins Leben gerufen wurde. Wir veranstalteten zwei Lesungen zu iranischer Literatur. Eine mit Salem Khalfani zu seinem Roman Die Ersten tage der Welt und eine mit Nahid Keshavarz zu ihrer Anthologie Flüchtlingscafé.
Ebenfalls im Herbst erschien das Sachbuch Menschenrechte. Universal und vor Ort von den Herausgeberinnen Eva Senghaas-Knobloch, Witha Winter von Gregory und Shazia Wülbers.
Das Buch beschäftigt sich in Form von Essays mit neun Artikeln aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, wie sie 1948 in der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurde. Autorinnen und Autoren aus Wissenschaft und Praxis beleuchten in neun Kapiteln jeweils einen der Artikel. In dieser Weise setzen sie sich mit Geschichte und Aktualität der je behandelten Menschenrechte in Öffentlichkeit auseinander.
Die Buchvorstellung des Werkes fand am 28. Oktober in der Buchhandlung Kamloth + Schweizer statt. Unter anderem gab es eine Rede von Karoline Linnert zum Thema, was gehen uns Menschrechte eigentlich an.
Besonders stolz sind wir auf unseren Lyrikkalender für 2020, der im Oktober erschien. In dem Zweiwochenkalender kann alle zwei Wochen ein neues wunderschön illustiertes Gedicht aufgeschlagen werden.
Die Première des Kalenders fand am 10. Dezember in der Buchhandlung Leuwer statt. Die AutorInnen Inge Buck, Gunther Gerlach, Elke Marion Weiß und Matthias Groll trugen Texte vor und es gab eine musikalische Begleitung von Madjid Mohit.
Im Oktober und November erschienen gleich vier neue Gedichtbände: Die Anthologie So nimmt man das Leben mit von Angelika Sinn, Das Leben der Mützen von Eberhard Pfleiderer, Gläserne Fehde von Schirin Nowrousian und Fremde Welt von Suleman Taufiq.
Die acht Autor*innen der von Angelika Sinn herausgegebenen Anthologie kommen ursprünglich aus Syrien, Chile, Venezuela, Iran, der Türkei und Bangladesch, doch sie alle leben mittlerweile in Deutschland. Zwei Jahre lang haben sie an einer Schreibwerkstatt des Bremer Literaturkontors teilgenommen. In den so entstandenen Gedichten und Geschichten geht es um Kindheit, Familie, Freundschaft und Liebe, um kleine Begebenheiten und große Ereignisse, um das Alltägliche und Besondere eines jeden Lebens. Die Buchpremiere fand im Rahmen der globale am 26. Oktober statt.
Eberhard Pfleiderer widmete sein neues Buch den Mützen. Er geht den Fragen nach, wie sehr Mützen uns beeinflussen und was sie über uns aussagen. In 61 lyrischen und prosaischen Texten schreibt er über alle möglichen Hüte; von der Pelzmütze bis zum Zylinder ist alles dabei. Unermalt wird das Ganze von den Fotografien Hervé Maillets. Die Buchpremiere fand am 27. November in Bremerhaven statt.
Der neue Lyrikband von Schirin Nowrousian nimmt sich dem Thema der Angst, und dem der Traurigkeit an, und dies bisweilen ganz direkt, ohne Umschweife, in aller Zerbrechlichkeit und Wucht. Und es ist zugleich ein Band voller Sprachlebendigkeit und Musikalität durch Sprache: neben Texten auf Deutsch sowie englischen, persischen und litauischen Einsprengseln finden sich darin Zeilen auf Portugiesisch und Französisch, denen immer auch ihre deutschen Versionen beigefügt sind.
Suleman Taufiq zeigt in seiner Lyrik, dass die Fremde von vielfältigen Eindrücken, Erinnerungsfetzen und Fantasien unterlaufen wird. Doch seine Gedichte sind auch eine Art Liebeserklärung an eine Fremde, die im Laufe der Zeit immer vertrauter wird. Für ihn ist sie ein Ort der Begegnung, der Entwicklung. Seine Texte und die Fotos / Grafiken von Johannes Traub sind einander gegenübergestellt und existieren doch unabhängig voneinander. Sie führen einen eher unscheinbaren, assoziativen Dialog miteinander.
Im Herbst fanden außerdem Lesungen mit Suleman Taufig, Widad Nabi, Salem Khalfani, Mahmood Falaki und Nahid Keshavarz statt.
Eines unserer Highlights in diesem Jahr war die zweisprachige Lesung und Disskussion mit Habib Tengour und Radouane Belakhdar im Institut francais Bremen am 5. Dezember.
Tengour las auf Französisch aus seinem Buch Der Alte vom Berge und es gab einen spannenden Beitarg zum Verhältnis von Literatur und Politik sowie zur aktuellen politischen Lage in Algerien von Belakhdar.
Die Moderation und das Lesen auf Deutsch übernahm Schirin Nowrousian. Gedolmetscht wurde von Wolfgang Barth.