Bernd Jaeger: Hart an der Grenze

(1 Kundenrezension)

Bernd Jaeger offenbart in seiner Poesie eine Art psychischen Realismus, geprägt von der Fragilität und Sensibilität eines isolierten Inneren. Von einem seelischen Druck und dem Gefühl, von der Gesellschaft unverstanden zu sein, motiviert, schreibt Jaeger in kreativer, assoziativer und affektiver Sprache über Autobiografisches und Themen des Alltäglichen. Doch auch hier verzichtet er ab und an nicht auf eine gewisse Prise distanzierender (Selbst-)Ironie.

Hart an der Grenze umfasst gesammelte Gedichte Bernd Jaegers von 1970 bis 1980.

Bernd Jaeger

 

Lyrik | 1. Auflage 2020 | Softcover | 132 Seiten

14,80 

Bernd Jaeger: Hart an der Grenze

ISBN 978-3-96202-054-5 Genres ,

Beschreibung

Rezensionen und Presse:

Diese ganz eigene Launenhaftigkeit, die Stimmungs- und Sujetvielfalt, ist ihr Kapital: man weiß nie genau, was im nächsten Gedicht zu erwarten ist, ob sich die Bildsprache zielsicher, verstreut, offen oder hermetisch auffächern wird, ob sie mehr im Profanen, im Transzendenten oder irgendwo dazwischen beheimatet sein wird. […] vielleicht gerade weil sie so eigenwillig sind, haben die Gedichte wenig von ihrer Faszination verloren, trotz der 50 bzw. 40 Jahre seit ihrer Erstveröffentlichung. Man kann sich unbekümmert und doch gespannt in sie vertiefen. mehr

– Timo Brandt im Signaturen Forum

Zusätzliche Informationen

Größe 14 × 19 mm

1 Bewertung für Bernd Jaeger: Hart an der Grenze

  1. Timo Brandt

    Stern

    Schrecksekunde meiner Lichtempfängnis

    weißes Auge

    Sandstürme treiben über die Tundra

    der Weg ist vorgezeichnet

    das Wolfsrudel zieht weiter

    Bulldozzer

    schwere Erde, irdnes Kalb

    reißend glaube ich ans Licht

    inzwischen entsteht dort eine Stadt

    Stahltürme

    wir laben uns am Öl

    das schwarze All

    Weltkampf meiner Augen mit Deinen

    Erde taut in meiner Hand

    ich beiße

    entschieden ist die Welt“

    Obgleich eine Neuerscheinung, handelt es sich bei den Gedichten in „Hart an der Grenze“ um Texte aus den Jahren 1970–1980, genauer aus den vier Publikationen Jaegers, die in diesem Zeitraum erschienen sind.

    Beinahe sofort augenfällig ist die eigenwillige Formlosigkeit vieler Gedichte, die fast immer auf einer Seite Platz haben. Wenn sie keinen Titel haben, starten sie meist mit einem kleinge-schriebenen Wort und scheinen auch, darüber hinaus, nicht selten weit davor zu beginnen, wirken mitunter wie ein Fragment oder ein Zitat aus einem längeren Gedicht. 

    „wenn wir noch länger

    das bild unseres 

    häuschens am

    hals haben im

    amulett

    lassen wir pandora bei uns

    wohnen

    unterm schrägdach

    zwei ententritte vom schorn

    stein wir schlagen

    ihr aber draußen

    gleich zwei liege

    stühle auf“

    Mit dieser Stückhaftigkeit einher geht auch der Eindruck, dass Jaeger in seinen Versen mitunter einer ganz eigenen Mythologie frönt. Manchmal haben die Gedichte etwas Märchennahes oder Rätselhaftes, aber fast immer geben Sie sich den Anschein eines Zusammenhangs, den man als Leser*in, zumindest teilweise, zunächst im Mythologischen, im Anspielungshaften zu finden glaubt.

    Das alles soll natürlich nicht so ausgelegt werden, dass Bernd Jaeger als weltfremder, munkelnder, rein spiritistischer Dichter erscheint. Vielmehr ist sein lyrisches Ich eine sehr formwandlerische Gestalt, die mal als feiner Beobachter, mal als anrufende Instanz, mal als versunkener Biograph, mal als malender Träumer, mal als rätselhafter Prophet auftritt.

    „auf der Brille eines

    Archivars aus dem Norden

    schlagen sich ungezählte Gladiatoren

    schreie nieder

    während er das Colosseum in

    Rom besichtigt 

    eine Brille beschlägt eigentlich immer

    wenn sie vom Kalten ins

    Warme kommt“

    Übergreifende Eigenschaften kann man den Gedichten ansonsten schwer andichten, ohne ihre Mannigfaltigkeit und Eigenwilligkeit dabei zu marginalisieren. Es sind Capriccios, die mal wie Eingebungen, mal wie Zuspitzungen, dann wieder wie Gelegenheitsgedichte, wie Schnappschüsse daherkommen.

    Diese ganz eigene Launenhaftigkeit, die Stimmungs- und Sujetvielfalt, ist ihr Kapital: man weiß nie genau, was im nächsten Gedicht zu erwarten ist, ob sich die Bildsprache zielsicher, verstreut, offen oder hermetisch auffächern wird, ob sie mehr im Profanen, im Transzendenten oder irgendwo dazwischen beheimatet sein wird.

    (Eine umfangreichere Rezension erschien beim Signaturen-Magazin.de

    • Sujet Verlag

      Herzlichen Dank lieber Timo Brandt!

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