Juliane Domenk hat eine didaktische Empfehlung für „Ich wäre so gerne ein Betonmischer geschrieben”

Hussain Al-Moutawaa: Ich wäre so gern ein Betonmischer

nachzulesen unter:

https://www.lesen.bayern.de/9783962020569/

Besprechung

Der kleine Sujet Verlag wurde von dem Anfang der 90er Jahre aus dem Iran nach Deutschland geflohenen Madjid Mohit gegründet und hat sich zu einem Erfolgsmodell entwickelt. 2015 wurde Mohit mit dem Hermann-Kesten-Preis des PEN ausgezeichnet.

Mohit bezeichnet Exilliteratur als „Luftwurzelliteratur“, denn der Begriff der Exilliteratur ist ihm zu negativ. Unter „Luftwurzelliteratur“ versteht Mohit grenzüberschreitende Literatur, welche die bereichernden Aspekte des Exils in den Vordergrund rückt.

Der Autor des Kinderbuchs „Ich wäre so gern ein Betonmischer“ Hussain Al-Moutawaa lebt allerdings nicht im Exil, sondern ist in seiner Heimat Kuweit ein preisgekrönter Schriftsteller und Fotograf. Sein Übersetzer Suleman Taufiq allerdings ist bereits 1971 nach Deutschland gekommen und hat hier zahlreiche Bücher veröffentlicht.

Der ägyptische Schriftsteller und Maler Walid Tahar hat die witzigen und ansprechenden Illustrationen zu Al-Moutawaas Geschichte geschaffen, insofern ist das Bilderbuch sehr wohl grenzübergreifend. Das Besondere daran ist, dass der Text auf den braunen Doppelseiten mit den bunten Bildern auf Deutsch und auf Arabisch abgedruckt ist.

Die Geschichte, die erzählt wird, ist die einer – etwas hochgestochen ausgedrückt – Identitätskrise, denn ein kleiner Bagger mit Abrissbirne will unbedingt Betonmischer werden, was ihm trotz aller Anstrengungen und Bemühungen einfach nicht gelingen will. Denn er hat seine Abrissbirne überhaupt nicht im Griff, egal ob er fröhlich oder sehr traurig ist, sie setzt seine Emotionen in Bewegung um und zerdeppert die Umgebung. Aber auf seinem Weg zu einem anderen Dasein findet er Freunde und lernt Mitgefühl und Zuneigung kennen.

Didaktische Hinweise

Für die Grundschule eignet sich das Bilderbuch sehr gut. Man kann die Geschichte lesen lassen und/oder vorlesen. Die Sprache ist verständlich, die Sätze sind kurz und einfach und die Geschichte ist witzig und spannend. Vor allem die Illustrationen sind sehr ansprechend und berührend; man hätte nicht geglaubt, dass ein Bagger mit Abrissbirne über so viele Gefühle verfügt.

Der Gegensatz zwischen dem Bagger und seiner Familie sowie das Thema Freundschaft lassen sich im Unterricht gewinnbringend besprechen. Auch eine kreative Auseinandersetzung mit dem Bilderbuch ist denkbar, etwa indem man die Kinder andere Geräte und Maschinen in den Mittelpunkt einer Phantasiegeschichte stellen lässt, in der die Apparatur ihrem Selbstzweck entfliehen will.

Auf der Webseite des Sujet Verlag kann man sich über sein Programm informieren und sich Anregungen für das Lesen und Besprechen von „Luftwurzelliteratur“ holen.

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