In seinem letzten großen Roman Sankofa (Sujet Verlag), der nun posthum erscheint, schlägt Doğan Akhanlı (1957–2021) eine großen Bogen von verfolgten Oppositionellen in einem anatolischen Dorf über Köln zur Zeit der NSU-Morde bis in die USA während der Black Lives Matter-Demos.
Über den Roman und seinen Autor sprechen der Übersetzer Recai Hallaç und der Schriftsteller Gerrit Wustmann.
In all den sechsundzwanzig Jahren hatte sie noch nie politische Aussagen aus dem Munde ihres Mannes gehört. In der Tat hatte der Oberleutnant zwischen sich und den Ereignissen, deren Zeuge er wurde, eine Mauer aus Fotografien gebaut. Er sah die Welt durch den Fotoapparat und auf den Bildern, nahm alles Geschehene so wahr, als hätte es mit ihm nichts zu tun, als wäre alles irgendwo da draußen.
Ein türkischer Schriftsteller, gejagt von einem Oberleutnant, ein Theatermacher in Köln, ein Kurde, der zu Fuß aus Deutschland nach Diyarbakır laufen will – das sind nur vier der Figuren, der Leben und Geschichten, die Dogan Akhanli zu einem komplexen Panorama der deutsch-türkischen Geschichte der letzten fünfzig Jahre verwebt.
In seinem letzten Roman, den er kurz vor seinem frühen Tod fertigstellte, schlägt Doğan Akhanli noch einmal den großen Bogen vom Militärputsch in der Türkei im Jahr 1980 über den NSU-Terror bis zur Black Lives Matter-Bewegung; es geht um die Rolle von Minderheiten im türkischen Nationalismus ebenso wie um die Lebenslüge der Deutschen, die meinen, sie hätten die Naziverbrechen aufgearbeitet, während erneut mordende Nazis durchs Land ziehen und Rassismus in der Mitte der Gesellschaft wieder salonfähig wird. Es geht um Täter und Opfer und die Frage, wie leicht die Grenzen zwischen beiden verwischen können – und um Hoffnung in Form eines Lernprozesses. Doğan Akhanli zeichnet all die Absurdität menschlicher Grausamkeiten, ohne dabei je den optimistischen Blick der Menschlichkeit zu verlieren.
Veranstaltungspartner: KulturForum TürkeiDeutschland e.V.