Beschreibung
Abbé, 62 Jahre alt, erfolgreicher Frankfurter Geschäftsmann und Kosmopolit, empfindet sich selbst als Deutscher. Seine iranischen Wurzeln sind verschüttet. Als ihn eines Tages ein entfernter Verwandter, soeben aus dem Iran eingetroffen, aufsucht, gerät sein Leben durcheinander. Der Besucher ist undurchschaubar, verwickelt sich in Widersprüche und stolpert von einer Notlage zur nächsten. Bald kreist Abbes Leben nur noch um die Probleme des Verwandten. Erst nach und nach erschließt sich ihm die wahre Geschichte des jungen Mannes, und er beginnt ihn und sich selbst mit anderen Augen zu sehen.
Über Nassir Djafari:
Das ist Reife Literatur im allerbesten Sinne, exzellent.
- Ulrich Noller, WDR über „Eine Woche, ein Leben“
Den Frankfurter Entwicklungshilfe-Unternehmer Abbas führt sein Beruf in viele Teile der Welt. Sein Leben spielt sich im wohlhabenden bürgerlichen Milieu ab, sein Deutsch ist perfekt, seine Muttersprache Persisch spricht er deutlich schlechter. Die einzige Verbindung zu seiner Herkunft ist sein zunehmend dementer Vater, den er jede Woche im Pflegeheim besucht. Da taucht ein ihm unbekannter Großcousin bei ihm auf, der sein Leben gehörig durcheinanderbringt. Der junge Mann erscheint, verschwindet dann wieder spurlos und erzählt jedes mal eine neue Geschichte. Abbas möchte den unliebsamen Besucher aus seinem wohlgeordneten Leben fernhalten, verstrickt sich aber immer mehr in dessen Schicksal. Ihn zu retten, trotz aller Widersprüchlichkeiten, wird zu seiner Obsession, der er alles andere unterordnet. Schrittweise erschließt sich für Abbas die unerträgliche Situation, die junge Iraner zwingt, ihre Heimat zu verlassen und in der Fremde ganz neu anzufangen.
Von der ersten Seite an ein atemlos spannender Roman, der die Situation im Iran, Flucht, Exil und nicht zuletzt die Kraft familiärer Bindungen verhandelt.
- Daniela Neuenfeld-Zvolsky
(eine Rezension vom ekz Bibliotheksservice)
Abbé und Reza: ein kosmopolitischer Unternehmer mit Netzwerken in Südafrika, Lateinamerika und Asien und ein 30-jähriger Flüchtling aus dem Iran, der aus heiterem Himmel mitsamt Frau und Baby in Frankfurt auftaucht und sich Abbé als dessen Großcousin Der Großcousin offenbart. Abbé ist zunächst ratlos. Er weiß nicht, wie er seinen durchgetakteten Alltag, die Besuche des Vaters im Seniorenheim und die seltenen Freizeiten mit seiner Frau, mit der neuen Situation vereinbaren soll. Denn er hat seine iranischen Wurzeln und seine persische Muttersprache längst verloren. In der Person Rezas wird er mit einem Iran konfrontiert, das nicht mehr das Land der Ayatollahs ist, aus dem sein Vater einst geflüchtet war. Aus Rezas Erzählungen lernt er, dass die Mullah-Diktatur womöglich schlimmer ist, weil sie ökonomisch keine Perspektiven lässt und die Liebe selbst im privatesten Bereich reglementiert: Händchenhalten in der Öffentlichkeit ist verboten. Das alles kommt aber nur zögerlich zur Sprache, da Reza über sich schweigt und sich überhaupt ziemlich schwer tut in Deutschland, ohne Pass und Führerschein, ohne Sprachkenntnisse und Job.
Djafari, der 1952 im Iran geboren wurde und als Fünfjähriger nach Deutschland kam, erzählt differenziert, spannend und hochaktuell, wie zwei sehr unterschiedliche Perser mit Herkunft und Identität im Gastland umgehen. Die Handlung spielt während der Flüchtlingskrise, als die Willkommenskultur vielerorts in Kritik umschlug. Zugleich ist das Buch ein Bekenntnis zu Demokratie und Freiheit. Auf dem Boden dieser Grundwerte können die Widersprüche, die sich zwischen junger Asylfamilie und assimiliertem Unternehmer auftun, nicht aufgelöst, aber kernprägnant und szenengenau dargestellt werden. Ein wichtiges, fesselndes Buch über die Probleme des Ankommens und die Geschichten des Herkommens.
- Michael Braun
erschienen in bv. Borromäusverein e.V.
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Ein Mann, der den Kontakt zu seinen iranischen Wurzeln verloren hat, begegnet einem entfernten Verwandten auf der Flucht nach Deutschland inmitten der Flüchtlingskrise 2015. Nassir Djafaris dritter Roman „Der Großcousin“ ist so spannend wie aktuell.
– Gerrit Wustmann bei Qantara.de
Ein Blick auf unterschiedliche Lebensbedingungen, verschiedene Kulturkreise. Die Umstände im Iran mit den dortigen Perspektiven für junge Menschen werden verständlich. Ebenso die Flucht und die Schwierigkeiten beim Wurzeln schlagen. Es geht ferner um Liebe, Verständnis, Familie und die Kultur. Besonders die persische Literatur und Lyrik schimmern durch diese Zeilen. Ein unvergesslicher und weltumspannender Roman, der viele Grenzen auflöst.
– Hauke Harder, Leseschatz
Dieses optisch zugegebenermaßen eher unscheinbare Buch habe ich in 2 Tagen durchgeschmökert. Eine emotionale Familiengeschichte vor politisch und gesellschaftlich aktueller Kulisse, eine tolle, feinfühlige Erzählsprache, Figuren, die herzlicher nicht sein könnten. Was braucht es mehr für einen guten Roman?
Abbas lebt mit seiner Ehefrau Maria in Frankfurt. Er ist ein überaus erfolgreicher Unternehmer mit internationalen Auftraggebern. Seine Eltern kamen einst aus dem Iran nach Deutschland, die Kinder nach deutschen Maßstäben erzogen; persisch spricht Abbas mehr schlecht als recht. Als sein Cousin aus dem Iran ihn bittet, sich um dessen 30-jährigen Sohn zu kümmern, der demnächst nach Deutschland kommen wird, geht dies zunächst im allgemeinen Business-Trubel unter – bis Reza nur wenige Tage später vor der Tür steht. Ohne Job, ohne Deutschkenntnisse und mit der Bitte um Unterstützung.
Während Abbas nun in „typisch deutscher Manier“ Ergebnisse von dem jungen Mann als Gegenleistung zu seiner (monetären) Unterstützung fordert – Deutschkurs, Job, Behördengänge – beantwortet Reza diese Forderungen auf seine Art, bleibt unverbindlich und wage. Schnell vermutet Abbas, dass der junge Mann nicht ganz ehrlich zu ihm ist, dass es unausgesprochene Geheimnisse gibt.
Nassir Djafari hat einen tragischen Lebens(ver)lauf in eine wunderbare Geschichte von Familie, (kultureller) Herkunft und Zusammenhalt verpackt. Sein Schreibstil ist durchaus rasant, was aber auch zur Thematik passt. Und dennoch ist jede einzelne Figur fein und detailliert gezeichnet. Die politische und gesellschaftliche Lage im Iran, Unterdrückung, Terror und Überwachung ist ebenso wie Rezas angespannte Situation ein Teil der Geschichte, dominiert sie aber nicht. Vielmehr kommen gerade die zwischenmenschlichen Momente und Begegnungen zum Tragen, stille Augenblicke mit dem Vater, Gespräche im persischen Laden. Und so ist dieses Buch für mich persönlich in erster Linie ein Roman über Familienbande und die Wurzeln, die uns als Menschen prägen und verbinden.
- Kerstin Elferink
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Es sind die zwischenmenschlichen Momente, die Djafari mit zärtlichen, feinen Linien zu zeichnen weiß.
[…] In Djafaris Geschichte prallen Kulturen aufeinander, Korruption in den Entwicklungsländern, Alltags- und Zukunftsprobleme im Iran, die Flüchtlingskrise in Deutschland und mittendrin zwei Menschen, die sich verständigen müssen […]
Ein interessanter, spannender, wendungsreicher Roman, den Djafari in gewohnt leisen Tönen erzählt.
- Zitate von @ein.lesewesen
Mit Nassir Djafari ist jetzt auch ein Interview im WDR verfügbar. Hört mal rein!
Am 27. September fand eine Lesung mit Nassir Djafari im Sujet Verlag statt. Hier gibt es ein paar Einblicke aus der Lesung:
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