Beschreibung
Shohre befördert eine alte Frau, deren Tochter im Gefängnis sitzt, weil sie sich gegen ihren über griffigen Chef gewehrt hat; Shohres Nachbarin wurde von ihrem Mann wegen einer jüngeren Frau verlassen; ihre ebenfalls geschiedene Cousine verzweifelt, weil ihr Exmann ihr das Besuchsrecht der gemeinsamen Tochter verweigert. Shohre selbst aber gibt trotz Enttäuschungen nicht auf.
Leseprobe:
„Ich denke immer noch an Mahbube. Die Autotür steht offen. Mit dem Radkreuz in der Hand mache ich mich daran, das Rad abzuschrauben. Eine Gruppe Frauen mit dreieckigen Kopftüchern läuft unter Klagegeheul an mir vorbei. Einige, die nicht heulen und klagen, starren mich verwundert an. Ich trete mit dem Fuß auf das Radkreuz, damit es sich dreht und die Muttern sich lockern. Mein Rücken sticht. Einige junge Kerle stehen an Bäume gelehnt und lachen sich ins Fäustchen. Einer sagt: Ich gebe dir meine Nummer. Ruf an, wenn du Hilfe brauchst.
Ein anderer sagt: Wenn du mir versprichst, mich nach Hause zu bringen, schraube ich es dir ab.
Den nächsten Schlag setze ich so fest, dass mein Rücken noch heftiger schmerzt. Und dass der Wagenheber unter dem Wagen herausfällt. Erst jetzt fällt mir ein, dass ich zuerst die Muttern hätte lockern müssen. Das Gelächter der jungen Kerle macht die wenigen, die noch nicht auf mich geachtet hatten, nun auf mich aufmerksam. Einen Moment lang habe ich das Gefühl, mich nicht auf einem Friedhof, sondern bei einer Vorführung zu befinden. Einer Vorführung, für die auch der Geist meines Vaters, der unweit von hier begraben liegt, den Kopf aus dem Grab reckt und mir zusieht. An dem Tag, als ich Taxifahrerin wurde, sagte Mutter: Innerhalb von vier Jahren wirst du es bereuen. Wenn kein Mann sich mit dir einlässt.”
Rezensionen:
Djahani schildert den Weg ihrer Protagonistin in einem sehr klaren und leichtgängigen Stil und manövriert sie geschickt durch das gesellschaftliche Labyrinth. Durch die ständige Mobilität Shohres und das Romanpersonal, das berufsbedingt immer wieder wechselt, kann Djahani eine große gesellschaftliche Vielfalt abbilden, ohne dass es gekünstelt oder erzwungen wirkt. Ein kluger Kunstgriff, der den Roman geschmeidig durch holprige Straßen gleiten lässt. mehr
– Marion (@schiefgelesen)
Dieser Roman zeigt uns, wie eine junge Schriftstellerin nach der islamischen Revolution trotz alle Repressalien, der Zensur und dem Druck der Selbstzensur, einen Weg findet, durch die Kraft der Sprache die Protagonistin Schohre exemplarisch dafür darzustellen, wie sich Frauen im Iran in patriarchischen Strukturen behaupten. So wie die Sprache sich durchsetzt und ihr letztendlich auch Selbstzensur nichts anhaben kann, so setzten sich auch die Frauen im Iran durch: sie behaupten sich. mehr
– Jalal Rostami Goran von Goethe & Hafis
So ermöglicht der Roman einen Blick hinter die Kulissen eines Landes, über das zwar viele Klischees kursieren, von dem aber in Europa nur wenige ein realistisches Bild haben […] mehr
– Gerrit Wustmann, 06.12.2021, Quaranta.de
Das Schreiben ist immer ein Gespräch. Es überwindet die Grenzen von Raum und Zeit. So erzählt Shohre uns ihre Geschichte: manchmal humorvoll oder zornig, auch ironisch, mitunter bitter, aber keineswegs ohnmächtig. mehr
– Fahimeh Farsaie, 12.08.2021, IranJournal
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